Angaben ohne Gewähr! Dieser Beitrag ersetzt keinen Arzt- bzw. Spezialistenbesuch!
Ein sehr spezieller und wichtiger Teil der Augenheilkunde ist auch die Kinderaugenheilkunde, die anders als bei Erwachsenen spezieller und schwieriger ist, deswegen machen viele Augenärzte ungerne diese Aufgabe. Es gibt wenige Augenärzte, die sich auf Kinderophthalmologie spezialisiern, dabei ist sie so wichtig denn je. Denn Kinder sind nicht nur unsere Zukunft, sondern leider nehmen auch Fehlsichtigkeiten und Augenerkrankungen immer mehr zu und das schon im Kindesalter.
Mein Überblick über den heutigen Beitrag:
Ab wann muss mein Kind zum Augenarzt?
Wann muss mein Kind unbedingt zum Augenarzt?
Wie läuft die Sprechstunde für mein Kind beim Augenarzt ab bzw. Welche Untersuchungen werden bei meinem Kind durchgeführt?
Therapiemöglichkeiten bei Kindern
Adhärenz und Motivation
Welche Rolle spielt dabei ein Orthoptist?
Ab wann muss mein Kind zum Augenarzt?
Theoretisch sagt man, und haben wir auch so in der Ausbildung gelernt, im 6. Lebensmonat. Allerdings in der Praxis sieht dies meist anders aus. Erstens sind zwar mit dem 6. Lebensmonat die ersten Untersuchungen schon durchführbar, jedoch ist es noch relativ schwierig manche Krankheiten zu erkennen und der Entwicklungsstand jedes Säugling ist verschieden und nicht immer altersgerecht. Wenn man als Elternteil nicht sofort im Säuglingsalter mit seinem Kind zum Augenarzt geht, ist dies nicht lebensgefährlich oder problematisch. Allerdings gibt es immer Faktoren, wo man abwägen muss, wann Du auf alle Fälle mit Deinem Säugling schon zum Augenarzt gehen musst, findest Du unter Punkt 2. Viele Eltern gehen mit ihrem Kind erst im Vorschul- oder Schulalter zum Augenarzt, dass ist auch nicht weiter problematisch. Dennoch gibt es immer Ausnahmen, die man nicht unterschätzen sollte und wo man unbedingt schon eher zum Augenarzt gehen sollte, da hier Vorschul- oder Schulalter schon zu spät sein könnte:
Es gibt in der Familie Vorbelastungen und genetische Augenerkrankungen (u.a. Schielen, Amblyopie, Glaukom oder Retinitis pigmentosa)
Wenn Du als Elternteil etwas beobachtest, dass Dir merkwürdig rüber kommt, z.B. ein Wegrutschen des Auges, Anstoßen an Gegenstände, Zukneifen insbesondere nur an einem Auge.
Wenn Dein Kind Kopfschmerzen, Schwindel, Verschwommensehen oder Doppelbilder beklagt, solltest Du dies ernst nehmen und nicht außer acht lassen.
Wenn die U-Untersuchung oder Vorschuluntersuchung auffällig ist; muss nicht immer heißen, dass wirklich etwas vorliegt, sollte jedoch trotzdem nochmal der Spezialist drüber schauen.
Natürlich gibt es Augenärzte und Orthoptisten, die immer raten würden so zeitnah wie möglich einen Augenarzt aufzusuchen, um u.a. eine Amblyopie (Schwachsichtigkeit eines oder beider Augen) auszuschließen. Es ist vom Vorteil eine Amblyopie frühzeitig zu erkennen, jedoch auch erst im Kleinkind- oder Schulalter kann eine Amblyopie noch therapiert werden. Wenn keine der oberen Faktoren zutrifft und es keine Auffälligkeiten gibt, muss man sich jedoch nicht allzu große Sorgen machen, etwas zu übersehen. Wichtig ist es, dass man als Elternteil immer die U-Untersuchungen mitmacht und hier bei Auffälligkeiten der Augen einen Augenarzt dann aufsucht.
Fehlsichtigkeiten in der Familie - muss ich da mit meinem Kind schon im Säuglingsalter zum Augenarzt?
Heutzutage gibt es fast in jeder Familie Personen, die unter einer Fehlsichtigkeit leiden, dass der Nachwuchs daran auch betroffen sein kann, ist sehr wahrscheinlich, doch muss man hier sich noch nicht soviele Sorgen beim Säugling machen. Es ist normal das jeder Säugling am Anfang etwas weitsichtig ist, da der Augapfel noch wächst. Deswegen Dioptrienwerte im Säuglingsalter sind erstmal noch nicht weiter problematisch, es sei denn sie geben schon einen sehr hohen Wert an, eine Hornhautverkrümmung liegt vor oder ein Schielen, dann sollte man die Fehlsichtigkeit auf alle Fälle korrigieren, sonst sollte man erstmal abwarten. Auch im Kleinkindalter oder Schulalter muss es nicht heißen, dass man jede Fehlsichtigkeit auskorrigiert. Gerade geringe Fehlsichtigkeiten (geringe Dioptrien bis +/-1) oder auch wenn das Kind selbst noch keine Symptome wie Kopfschmerzen oder Verschwommensehen beklagt, muss man nicht sofort mit einer Sehhilfe korrigieren. Und auch wenn eine Sehhilfe benötigt wird, muss sie nicht immer voll auskorrigiert sein. Jedoch gehen hier die Meinungen auch stark auseinander; ein Optiker würde immer voll auskorrigieren und auch manche Ärzte und Orthoptisten sind für eine Vollkorrektur. Ich persönlich würde nie vollauskorrigieren, da die Sehhilfe, dass Sehen besser macht, aber nicht das Sehen therapiert oder trainiert. Wir tun uns viel zu schnell an Sehhilfen gewöhnen und nehmen immer gern auch mehr Dioptrien an. Doch das Auge sollte auch immer selbst arbeiten und trainiert werden. Deshalb würde ich lieber etwas unterkorrigieren und zusätzlich noch etwas Augentraining empfehlen, um die Augen auch selbst zu fördern.
2. Wann muss mein Kind unbedingt zum Augenarzt?
Wie schon oben erwähnt, sollte man theoretisch schon im Säuglingsalter zum Augenarzt gehen, jedoch ist dies nicht bei jedem Säugling notwendig, jedoch gibt es Faktoren, wo Du unbedingt mit Deinem Kind einen Augenarzt auch schon im Säuglingsalter aufsuchen solltest:
Wenn es zu Komplikationen in der Schwangerschaft oder bei der Geburt kommt, sowie wenn die Mutter in der Schwangerschaft eine Infektion hatte (wie z.B. Corona, Röteln, Toxoplasmose, ...) sollte man unbedingt einen Augenarzt aufsuchen, um Netzhauterkrankungen, Linsentrübungen oder auch ein Schielen auszuschließen oder schnellstmöglichst behandeln zu können.
Es gibt in der Familie Vorbelastungen und genetische Augenerkrankungen (u.a. Schielen, Amblyopie, Glaukom oder Retinitis pigmentosa).
Bei Entwicklungverzögerungen oder Verhaltensauffälligkeiten, sowie bei genetischen Erbkrankheiten (z.B. Trisomie 21).
Wenn Du als Elternteil etwas beobachtest, dass Dir merkwürdig rüber kommt, z.B. ein Wegrutschen des Auges, Anstoßen an Gegenstände, verfolgt keine Gegenstände oder Zukneifen der Augen.
Unsere Augen sind mit das wichtigste Sinnesorgan, dass wir haben. Uns Erwachsenen ist dies bekannt, jedoch Kindern ist dies noch nicht so vertraut, deswegen ist es wichtig, dass man als Elternteil immer auch die Augen des Kindes mit beobachten sollte. Wenn Dir bei Deinem Kind folgende Dinge auffallen, solltest Du unbedingt einen Augenarzt aufsuchen:
Bei Deinem Kind beobachtest Du schon einige Zeit ein Wegrutschen eines oder beider Augen; dies könnte für ein Schielen sprechen, dass sich noch im Anfangsstadium befindet, damit es nicht schlimmer wird oder Dein Kind das binokulare Sehen bzw. Stereosehen (bedeutet, wenn beide Augen zusammenarbeiten und ein 3D-Sehen möglich ist) nicht verliert, solltest Du unbedingt einen Augenarzt aufsuchen.
Dein Kind kneift immer ein Auge zu. Die Betonung liegt hier wirklich auf ein Auge. Das Zukneifen beider Augen, bedeutet meist, dass entweder Dein Kind vom künstlichem oder Sonnenlicht geblendet ist oder etwas schlechter sieht. Hierfür kannst Du auch den Optiker aufsuchen und brauchst nicht unbedingt einen Augenarzt. Wenn Dein Kind jedoch ein Auge ständig zukneift, dann frag es doch mal ob das Sehen für das Kind unangenehm ist oder es etwas doppelt sieht (hier ist Vorsicht geboten, nicht jedes Kind versteht, was doppelt ist und es muss auch nicht heißen wenn es "nein" sagt, dass es ein "nein" ist). Wenn ein Kind ein Auge zukneift, spricht dass meist für Doppelbilder. Mit dem Zukneifen eines Auges tut das Kind die Doppelbilder ausblenden. Meist treten Doppelbilder im Kindesalter mit dem dritten Lebensjahr auf - dies spricht für ein normosensorisches Spätschielen, die Ursache dieser Erkrankung ist nicht genau bekannt; jedoch ein dringender Notfall da das Binokularesehen gestört sein kann, wenn man nichts dagegen unternimmt. Allerdings können Doppelbilder auch nur in der Nähe entstehen, dass spricht meist für ein Akkommodations- oder Konvergenzproblem oder auch für ein Schielen.
Dein Kind hat sehr weite Pupillen, die auch bei Lichtschein nicht enger werden, dies kann für verschiedene Augenproblematiker sprechen, einerseits kann dies ein grüner Star sein, aber auch eine Pupillenstörung oder ein Tumor und sollte vom Facharzt abgeklärt werden.
Dein Kind reibt und juckt sich häufig die Augen und beklagt ein Brennen der Augen. Außerdem sind die Augen auch meist gerötet, dass muss kein Grund zu Panik sein, sollte jedoch von einem Augenarzt abgeklärt werden. Es können einerseits zu trockene Augen sein oder aber auch eine Entzündung an den Augen. Ist es nur auf einer Seite und ggf. auch noch Eiter am Auge oder am Morgen die Augen verklebt, spricht dies höchstwahrscheinlich für eine Entzündung.
Wenn Dein Kind Kopfschmerzen, Schwindel, Verschwommensehen oder Doppelbilder beklagt, solltest Du dies ernst nehmen und nicht außer acht lassen sowie dies zeitnah abklären lassen.
--> Übrigens Doppelbilder im Kindesalter sind immer ein Akut- bzw. Notfall und sollten sofort behandelt werden!
3. Wie läuft die Sprechstunde für mein Kind beim Augenarzt ab bzw. welche Untersuchungen werden bei meinem Kind durchgeführt?
Die Frage, die man sich vor einem Besuch beim Augenarzt stellen sollte, soll es ein Augenarzt mit oder ohne Orthoptistin sein. Jetzt werden sich einige denken, ich war auch nie bei einem Orthoptist, warum braucht dass auf einmal mein Kind und sie muss, dass ja schreiben, weil sie selbst eine Orthoptistin ist. Ja, es stimmt, ein Orthoptist wird nicht immer gebraucht und ich muss gestehen, ich war als Kind beim Augenarzt, aber nie bei einem Orthoptist. Ein Orthoptist ist nicht immer dringend notwendig, jedoch bei manchen Erkrankungen ist es vom Vorteil einen Orthoptisten zu haben. Insbesondere bei Schielerkrankungen, Schwachsichtigkeit und Augenbewegungsstörungen ist es ein Vorteil die Untersuchungen und Behandlungen auch nochmal von einer Orthoptistin bewerten zu lassen, da diese in diesem speziellen Gebiet, ein breiteres Wissen hat als der Augenarzt selbst. Geht es jedoch allein um die Kenntnis, dass eine genetische Augenerkrankung, eine Fehlsichtigkeit, eine Entzündung des Auges oder ein grauer oder grüner Star vorliegt, dann ist eine Orthoptistin nicht unbedingt notwendig und kann dies auch nur von einem Augenarzt angeschaut bzw. behandelt werden.
Die Sprechstunde beim Augenarzt bzw. Orthoptisten laufen immer anders ab, es kommt auf das Lebensalter, den Entwicklungsstand und die Beschwerden des Kindes an. Sowie auch die Untersuchungen, die durchgeführt werden, werden nach diesen Kriterien bewertet und durchgeführt. Allerdings gibt es einen groben Ablauf der immer eingehalten wird bei einer Behandlung beim Augenarzt.
Überprüfung des Stereosehen: Jeder hat sie gewiss schon mal beim Augenarzt gesehen, die Karten, die auf dem ersten Blick aussehen wie ein Fernseher wenn das Bild nicht funktioniert. Doch schaut man genauer hin, bemerkt man auf der Karte 3D-Bildchen, die auf einen zu kommen. Damit kann ein Orthoptist oder ein Augenarzt, erkennen ob das Binokularesehen ausgeprägt ist und funktioniert. Übrigens auch bei Säuglingen wird diese Karte schon gezeigt und der Blick des Säuglings beobachtet, denn auch wenn es sich noch nicht äußern kann, kann es die Bildchen auch schon wahrnehmen und bei Interesse und einem Binokularemsehen wird das Kind kurz den Blick auf ein oder mehreren Bildchen haften lassen oder sogar danach greifen.
Pupillenfunktion: Durch verschiedenen Tests im Hellen und dunklem Raum können die Pupillen beobachtet werden und eine Pupillenstörung festgestellt werden. Übrigens ist dies auch die erste Funktion, die bei Säuglingen möglich ist und schon frühstmöglichst angewendet wird. Funktionieren die Pupillen gut, geht man erstmal von einem normalem Sehen aus.
Visusüberprüfung: NAtürlich wird bei jedem Augenarzt ein Sehtest in Ferne (und Nähe) durchgeführt. Bei uns Erwachsenen sind die Sehtafeln meist mit Zahlen oder Buchstaben. Für ein Gutachten, z.B. Führerschein-Gutachten werden Landolt-RInge genutzt, die auf der ganzen Welt amtlich als Sehzeichen gelten. Bei Kindern werden natürlich noch andere Sehzeichen verwendet, sowie auch bei Menschen die eine starke Entwicklungsverzögerung haben. Je nach Alter werden andere Zeichen verwendet. Bei Säuglingen überprüft man auch den Visus in dem man die Augen beobachtet, ob das Kind Gegenstände fixiert und greift, sowie Folgebewegungen macht. Allerdings ist dies wirklich erst mit dem 6. Lebensmonat möglich, davor nur die Pupillenüberprüfung. Um Auffälligkeiten einer Fehlsichtigkeit oder eines Schielens zu erkennen bei Säuglingen wird der Brückner durchgeführt. Wenn das Kind zwischen dem 1. und 3 Lebensjahr ist, versucht man, außer mit fixieren und greifen, mit Kontrastkarten wie gut das Kind schaut. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten dies zu prüfen, z.B. mit den Cardiffcards, Hiding Heidi oder auch Leapaddles. Allerdings sind noch nicht alle Angaben bei Zeigen von Kontrastkarten sicher und es muss nicht heißen, wenn das Kind darauf nicht reagiert, dass es nicht sieht, es kann auch die Compliance sein oder der Entwicklungsstand ist noch nicht so weit. Hier müssen dann unbedingt weitere Untersuchungen folgen. Mit dem 3. Lebensjahr versucht man Leasymbole (bestehend aus einem Haus, Viereck, Kreis und Apfel oder Herz) zu verwenden. Ab Schulalter versucht man mit Landolt-Ringen oder Snellen-Haken den Visus zu prüfen, dabei eignen sich jedoch die Landolt-RInge besser, da sie erstens weltweit bekannt sind und auch als Reihenoptotypen vorhanden sind. Mit Reihenoptotypen prüft man, dass "Crowding-Phänomen", um Erkrankungen wie eine Amblyopie (Schwachsichtigkeit) auszuschließen. Reihenoptotypen bedeutet, dass die Abstände zwischen den Ziffern enger ist, als bei Einzeloptotypen, die man im Erwachsenenalter nur noch nimmt. Bei einem "Crowding-Phänomen" fällt es schwer dem Patienten die Reihe zu lesen, da er die Sehzeichen nicht mehr gut trennen kann und es folgt daraus, dass Sehzeichen überlesen werden und das Sehen anstrengend ist. Ab ca. 10-12 Jahren verwendet man ZAhlen oder Buchstaben.
Spaltlampe/Fundus: Natürlich schaut sich der Augenarzt auch bei Kindern schon den Augenvorderabschnitt und den Augenhintergrund an. Bei dem Augenvorderabschnitt schaut sich der Augenarzt die Horn-, Bindehaut, Iris, Linse, Pupille, Lider und Vorderkammer des Patienten an. Beim Fundus (Augenhintergrund) schaut der Augenarzt auf den schärfsten Punkt des Sehens (Fovea), Papille und Glaskörper sowie Netzhaut an. Bei Auffälligkeiten können weitere Untersuchungen folgen.
Autorefraktion bzw. subjektive Refraktion: Mit einer Autorefraktion werden die Dioptrienwerte genommen, um zu schauen ob eine Sehhilfe benötigt wird oder die aktuelle Sehhilfe noch passt. Eine Autorefraktion wird bei Erwachsenen mit einem Autorefraktometer durchgeführt und nochmals per subjektive Refraktion nachgemessen (Gläser vorhalten). Auch bei Kindern kann man die Werte schon messen, jedoch klappt es unter 6 Jahre noch nicht mit einem Autorefraktometer oder per subjektiver Refraktion. Andere Geräte werden dafür verwendet, z.B. ein Retinomax oder das Plusoptix, jedoch ist hier Vorsicht geboten, da nicht alle Angaben immer hundertprozentig stimmen; insbesondere wenn das Kind zappelt können verfälschte Ergebnisse auftreten, deswegen sollte die Messung wiederholt werden. Im Kindesalter sollte eine Messung auch nur unter Augentropfen erfolgen, da Kinder noch stärker akkommodieren (können Nähe und Ferne noch nicht gut einstellen). Bei Säuglingen und Kleinkindern wird mit Hilfe eines Skiaskop die Werte gemessen.
weitere Untersuchungen: Dies sind erstmal die funktional wichtigsten Untersuchungen beim Augenarzt und werden in der Regel immer durchgeführt. NAtürlich gibt es noch eine Vielzahl weiterer Untersuchungen, die durchgeführt werden können. Ein Orthoptist würde sich immer auch die Augenbeweglichkeit und -stellung des Kindes oder des Erwachsenen ansehen, um ein Schielen oder eine Augenbewegungsstörung auszuschließen. Bei Auffälligkeiten oder Verdachtsfällen werden dann je nach Entscheidung des Orthoptisten oder Arztes weitere Untersuchungen folgen. Es gibt eine Bandbreite an Untersuchungen, die noch zusätzlich durchgeführt werden können, u.a. Gesichtfelduntersuchung, Bildgebungen um Aufnahmen des Augenhintergrundes zu haben (z.B. OCT, Fundusfotografie), Sakkaden- und Folgebewegungsüberprüfung, Doppelbilderprüfung, Untersuchungen des Tränenfilmes, Prüfung der Akkommodation und Konvergenz, usw.
4. Therapiemöglichkeiten bei Kindern
Bei Kindern läuft natürlich eine Behandlung in der Medizin immer anders ab als bei Erwachsenen, auch in der Augenheilkunde. Kinder muss man motivieren und spielerisch erklären, warum nun die Therapie so wichtig für sie ist. Orthoptisten sind speziell zuständig die Therapie bei einer Schielerkrankung oder Augenbewegungsstörung mitzubestimmen. Die meisten Kinder mit Beschwerden erhalten eine Sehhilfe, diese wird allerdings von einem Optiker oder Optometrist angefertigt. Jedoch gibt es natürlich noch weitere Behandlungsmöglichkeiten je nach Bedarf und Stärke der Krankheit. Speziell in der Orthoptik werden folgende Erkrankungen behandelt: Nystagmus, Augenmuskellähmungen, Schielen, Doppelbilder, Amblyopie (Schwachsichtigkeit) und Augenbewegungsstörungen.
Folgende Behandlungmethoden gibt es in der Orthoptik:
Prismen: Bei Doppelbildern oder auch beim Schielen um ein Stereosehen wieder herzustellen, werden Prismen verordnet. Mit Prismen untersuchen und behandeln Orthoptisten, allerdings verschreiben darf sie nur ein Arzt und anfertigen, tut sie der Optiker. Es gibt Prismen als Folie und als Gläser. Gläser sind dafür da um sie dauerhaft zu tragen. Die Gläser werden in ein normales Brillenglas eingearbeitet. Folien sind zum zeitweiligen Nutzen gedacht. Folien werden anfangs immer verschrieben, um erstmal zu beobachten, ob das Schielen zunimmt oder in seiner Ausgangsposition bleibt. Folien werden auch genutzt zum Prismenaufbau um auf eine Operation vorzubereiten.
Okklusion: Auf deutsch bedeutet Okklusion "Einschließung" bzw. "Verschließung". In der Orthoptik wird eine Okklusion durchgeführt bei einer Amblyopie (= Schwachsichtigkeit) im Kindesalter (bis 10. Lj., ggf. 12. Lj.). Dabei soll das schlechtere Auge trainiert werden, indem man das bessere Auge verschließt mit einem Augenpflaster oder Brillenokkluder (Augenklappe). Allerdings ist die letztere Variante veraltet und aus der Mode gekommen, man bevorzugt das Verschließen des Auges mit einem Augenpflaster, da man hier ganz sicher ist, dass das Kind nicht schummelt und kein Lichtschein ans Auge gelangt. Diese Therapiemethode ist sehr erfolgreich, allerdings muss sie dauerhaft beobachtet werden, d.h. regelmäßige Besuche beim Orthoptisten oder Augenarzt in der Behandlung mit einem Augenpflaster sind wichtig! Um zu bewerten ob ein Erfolg erreicht wird und um das bessere Auge nicht dauerhaft zu schädigen. Außerdem bei Durchführung der Therapie sollte das Kind kein Fahrradfahren oder klettern gehen. Bei Durchführung dieser Behandlungsmethode ist die Arbeit im Nahbereich vom Vorteil.
Penalisation: Auf deutsch bedeutet Penalisation "Bestrafung", was erstmal eher unschön klingt und was man ja eher für seinen Nachwuchs nicht möchte. In den letzten Jahren ist die Penalisation auch immer umstrittener geworden bei Orthoptisten und Augenärzten; allerdings finde ich zu unrecht, da sie eine gute und die einzigste Alternative zur Okklusion ist. Die Penalisation ist die neuere Behandlungsmethode - die Okklusion gibt es schon viel länger. Der deutsche Augenarzt, Neurologe und Psychologe Curt Cüppers hat in den 50er und 60er Jahren die Behandlungsmethode oft angewendet und favorisiert. Eine Penalisation blendet das Sehen des besseren Auges nicht vollständig aus wie bei einer Okklusion. Man tut mit dieser Methode das bessere Auge nur "vernebeln" oder sozusagen "bestrafen". Dabei gibt man ins bessere Auge täglich oder aller zwei Tage (je nach Dauer und Stärke) einen Tropfen Atropin. Die Tropfen erweitern die Pupille und somit sieht das Kind auf dem Auge verschwommen. Eine Alternative zu den Tropfen ist eine Überkorrektur des Brillenglases am besseren Auge, dies führt auch zu ein verschwommen Sehen. Auch bei dieser Behandlungsmethode sind regelmäßige Kontrollen beim Orthoptisten und Augenarzt wichtig! Außerdem bei Durchführung der Therapie sollte das Kind kein Fahrradfahren oder klettern gehen.
Eine Penalisation kann als eine erfolgreiche Alternative zur Okklusion erfolgen, wenn die Okklusion gescheitert ist oder durch Okklusion sogar eine gesundheitliche Gefährdung des Patienten vorliegt – dies liegt bei folgenden fünf Gründen vor:
1. Bei einem Nystagmus (= Augenzittern), da unter Abdeckung des besseren Auges oder unter Okklusion, der Nystagmus gravierend zunimmt und unter längerem Abdecken auch nicht abnimmt.
2. Beim alternierenden Strabismus – in diesem Falle, wenn der Amblyope auch mit dem amblyopen Auge fixieren kann, ist es besser das bessere Auge durch Bildunschärfe zu vermindern als es direkt auszuschalten (per Pflasterokklusion), da dies zu erhöhter Unfallgefahr beim Patienten führen kann.
3. Bei einer starken Pflasterallergie oder Neurodermitis, wo auch keine Besserung erzielt wird durch Salben und sensiblen Pflastertypen. Hier ist rein wissenschaftlich die Penalisation, die bessere Methode, da mit einer Okklusion auf der Brille noch zu viel Lichtschein ins bessere Auge durchsickern kann.
4.Bei fehlender Compliance aufgrund exzentrischer Fixation oder einem zu starken Visusabfall des amblyopen Auges ist die Hemmschwelle zur Gewöhnung einer Okklusion kaum umsetzbar und unverantwortlich. Hier empfiehlt es sich eine leichte Penalisation durchzuführen und mit einem überkorrigierten Glas auf dem besseren Auge zu arbeiten.
5. Als Nachsorge bei Überschreiten des 10. – 12. Lebensalters, da dann eine Okklusion nicht mehr zu Erfolg führen kann, jedoch aus aktuellen wissenschaftlichen Studien eine leichte Penalisation mit überkorrigiertem Glas des besseren Auges noch zu Erfolgen führen kann.
Augentraining: Bei verschiedenen Augenerkrankungen kann man seine Augen auch selbstständig trainieren mit speziellen Augenübungen, u.a. bei Problematik im Nahbereich oder einem Außenschielen ist ein Konvergenztraining ("konvergieren", d.h. die Augen gehen nach innen) empfehlenswert! Solche Augenübungen werden auch speziell in Rehaeinrichtungen angeboten z.B. für Schlaganfallpatienten. Augentraining gibt es auch für Fehlsichtigkeiten, trockene Augen und Augen, die unter viel Stress leiden. Der neuste Trend ist Augenyoga, um die Augen nicht nur zu trainieren, sonder auch zu entspannen und zur Ruhe zu bringen.
5. Adhärenz und Motivation
Wie schon oben erwähnt ist natürlich der Umgang mit Kindern ein anderer als eine Behandlung bei einem Erwachsenen. Egal ob bei einer Therapie oder Untersuchung, Kinder muss man spielerisch auf die Behandlung vorbereiten, dass sie keine Angst vor dem Arztbesuch haben und die Therapie auch wirklich mitmachen und durchziehen. Dies ist natürlich nicht immer einfach; hier gehört viel Geduld und Einfühlungsvermögen dazu, einmal auf seiten der Erziehungsberechtigen, andererseits natürlich auch auf seiten der Praxis und dem Team geschuldet.
Zweiteres vereinfacht die Behandlung für ein Kind schon mal mit einer ansprechenden Atmosphäre, u.a. ein interessantes Kinder-Wartezimmer, wo dass Kind sich nicht langweilt und die Wartezeit spielerisch verkürzt wird, bis es aufgerufen wird zum Arzt - dies vereinfacht auch schon mal für den Arzt die Untersuchung, da dass Kind motivierter ins Sprechzimmer geht und nicht gelangweilt ist. Auch ein ansprechendes Sprechzimmer macht mehr Lust auf die Untersuchung. Der Untersucher sollte ruhig und geduldig sein, sowie immer erklären dem Kind, was er nun machen möchte, desweiteren ist es gut das Kind etwas zu animieren, damit es auch wirklich die Untersuchung mitmacht, dabei ist auch wichtig die Mitarbeit der Erziehungsberechtigten. Bei besonders guter Mitarbeit oder bei unangenehmen Situationen, z.B. ein Augenpflaster aufkleben im Behandlungszimmer, starke Blendung der Augen mit Licht oder Augentropfen ins Auge geben, sollte man eine kleine Belohnung für das Kind da haben. Hier gibt es in der heutigen Zeit schon gute Motivationsartikel (u.a. Poster, Malhefte, Puzzles, Pixi-Hefte) von den Herstellern der Augenpflastern oder Pharmazeuten, die für Praxen auch kostenlos lieferbar sind. Aber auch Gesundheitsämter und die Bundfeszentrale für Gesundheit bietet Motivationsartikel für Arztpraxen und Therapeuten an. Außerdem kann man hier auch immer selbst als Arzt oder Orthoptist die Augen offen halten, auf vielen Kongressen und co. werden häufig auch Artikel ausgelegt an den Ständen und können kostenlos mitgenommen werden.
Doch wie kann ich mein Kind auf den Arztbesuch beim Augenarzt vorbereiten und wie motiviere ich es die Therapie durchzuziehen? - Hier ein paar interessante Tipps für Eltern und co.:
Bevor es zum Arzt geht, bereite Dein Kind auf den Arztbesuch vor. Rede mit dem Kind über den Besuch und was dort passiert. Beim Augenarzt wird vor allem geschaut, wie gut der Patient sehen kann und natürlich die Augen angeguckt, auch bei Kindern. Gewiss warst Du schon selbst beim Augenarzt erzähle Deinem Kind von Deinem Besuch, was hier gemacht wurde. Erkläre dem Kind, warum ihr zum Augenarzt geht, warum dies so wichtig ist für das Kind und erzähle, dass das Kind ggf. ein paar Bilder anschauen muss und der Augenarzt ganz nah an sein Gesicht bzw. Augen kommt, um hinein zuschauen. Man sollte einen Arztbesuch nie verschöningen, jedoch auch nicht dramatisieren, da dies die Ängste des Kindes fördern könnte. Z.B. kann man vorbereitend sagen: "Es kann sein, dass Du Augentropfen ins Auge bekommst, die können kurz unangenehm sein, ein bisschen wie Shampoo im Auge, aber das geht wieder weg, außerdem kann so der Doktor besser in Deine Äuglein schauen." Man sollte aber nicht sagen: ""Es kann sein, dass Du Augentropfen ins Auge bekommst, die tun weh, aber ein Indianer kennt ja kein Schmerz und Dein großer Bruder hat das ja auch überstanden" oder was auch nicht gut ist, zu sagen: ""Es kann sein, dass Du Augentropfen ins Auge bekommst, die tun aber überhaupt nicht weh". Kinder sind nicht dumm, wenn man nicht ehrlich mit ihnen ist, spüren sie dies und merken sich das natürlich auch.
Für den Arztbesuch ist es wichtig, dass das Kind ausgeschlafen ist. Bei einem Kontrolltermin oder eine Voruntersuchung sollte das Kind auch gesund sein. Sollte es erkältet oder kränklich sein, tue den Termin lieber verschieben, dass ist einerseits besser für das Kind und andererseits auch angenehmer für das Praxisteam und den Arzt.
Nicht jedes Wartezimmer ist kinderfreundlich eingerichtet, deswegen nehme vorsichtshalber etwas mit damit das Kind sich im Wartezimmer nicht langweilen muss, z.B. ein Hörspiel, ein Malbuch mit Buntstiften oder ein Buch.
Wenn es wirklich drauf aus läuft, dass Dein Kind eine Behandlung braucht, ist es wichtig als Elternteil hinter der Behandlung zu stehen und alles dafür zu tun, dass das Kind wieder gesund wird. Dafür ist nicht nur die Compliance des Kindes wichtig, sondern auch die der Eltern. Bei einem Augenarzt oder einem Orthoptist bedeutet eine Therapie meist, dass das Kind eine Sehhilfe oder ein Augenpflaster erhält. Dies ist natürlich für die meisten Kinder erstmal unschön und eine Umstellung. Viele Kinder möchten keine Sehhilfe oder Augenpflaster haben, da dies immer noch oft als unästhetisch gilt. Hier ist es wichtig, dass man als Elternteil einfühlsam ist, jedoch auch etwas bestimmend, allerdings sollte man das Kind auch nicht zu etwas zwingen, sondern eher wie auf einen Arztbesuch darauf vorbereiten und auch immer Alternativen mit bedenken und das Kind auch immer etwas selbst entscheiden lassen. Es gibt Kinder, die unbedingt eine Brille haben möchten, andere wiederrum lieber Kontaktlinsen. Nur weil man als Elternteil Brille oder Kontaktlinse bevorzugt muss es nicht heißen, dass dies auch das Kind tut. Wenn Dein Kind lieber eine Kontaktlinse statt eine Brille haben möchte, sollte man diesen Wunsch nicht vernachlässigen und sich darüber informieren, welche Möglichkeiten es hier gibt. Bei der Auswahl eines Brillengestelles lass auch Dein Kind mitentscheiden, denn am Ende muss Dein Kind die Brille tragen und sich damit gefallen und wohlfühlen. Auch bei den Augenpflastern lass Dein Kind mitbestimmen, denn Dein Kind muss am Ende die Pflaster tragen und nicht Du. Es gibt heutzutage schon viele verschiedene Motive an Augenpflastern. Lass das Kind entscheiden, welche Motive es haben möchte.
Auch bei einer Therapie solltest Du als Elternteil die Behandlung nicht verschönern oder dramatisieren. Es ist nicht schlimm eine Brille oder ein Augenpflaster zu tragen, außerdem soll es ja dem Kind helfen. Erkläre dem Kind kindgerecht warum es wichtig ist, das Augenpflaster oder die Sehhilfe zu tragen. Außerdem ist Dein Kind nicht das Einzigste, dass so etwas tragen muss, dass kannst Du Deinem Kind auch gern so sagen, z.B. "Cool, jetzt bekommst Du so ein schickes Augenpflaster wie der Olli, da könnt Ihr ja zusammen Euch Motive austauschen." oder "Onkel Paul trägt auch Kontaktlinsen. Wir können ihn ja mal fragen, ob er Dir zeigt, wie man die ins Auge tut."
Bereite Dein Kind spielerisch auf die Therapie vor. Hole z.B. ein Kuscheltier, das eine Brille trägt oder klebe dem Lieblingsteddy auch ein Auge mit dem Augenpflaster ab. Bestelle Motivationsartikel für Dein Kind, z.B. ein Poster, Büchlein oder Kalender, wo Dein Kind immer pro Tag ein Pflaster kleben kann.
Bedenke immer, es geht nicht nur Dir so, sondern auch vielen weiteren Elternteilen so. Es ist auch nicht schlimm sich auszutauschen oder Hilfe anzunehmen. Gern kannst Du auch im Umkreis Dich umhören, wie andere Elternteile dies tun und Dir hilfreiche Tipps holen.
6. Welche Rolle spielt dabei ein Orthoptist?
Vorrangig untersuchen Orthoptisten Säuglinge, Kleinkinder, Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre, da Augenärzte oft kein umfangreiches Wissen über die Orth-/Pleoptik sowie die Kinderneuroophthalmologie haben und ehrlich gestanden die Kinderneuroophthalmologie auch kein beliebtes Gebiet ist, da sie sehr umfangreich, sowie komplex ist und auch nicht so gut bezahlt, wie die Augenheilkunde von Erwachsenen. Allerdings können auch Orthoptisten Kinder nicht allumfassend untersuchen und behandeln, da Orthoptisten Spezialisten für die Diagnostik und Behandlung von Störungen der Augenbewegung und des Zusammenspiels beider Augen ("Schielheilkunde") sind. Jedoch Erkrankungen des Augenhintergrundes oder des Vorderabschnittes des Auges können Orthoptisten nicht untersuchen, diagnostizieren und therapieren - dies ist die Aufgabe des Augenarztes auch bei Kindern! Zu den Aufgabenfeldern eines Orthoptist gehören auch die präventive Untersuchung bei Säuglingen, Kleinkinder und Jugendlichen sowie die Behandlung von Legasthenie, Wahrnehmungsstörung und Fehlsichtigkeiten.
QUELLEN:
Lisa S. Thompson, Peter H. Spiegel, Kenneth W. Wright: Handbook of Pediatric Strabismus and Amblyopia. Chicago, 2006
Kaufmann, Herbert und Steffen, Heimo: Strabismus. 5. Auflage. Stuttgart, 2020, S. 299-305
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